Burg Winterstetten, die Schenkenburg



Die Schenkenburg ist eine Burgruine oberhalb des Ortes Winterstettenstadt im Landkreis Biberach.
Die Höhenburg wurde wohl ursprünglich von den Herren von Winterstetten errichtet. Der letzte Vertreter dieser Familie war ein Herr von Winterstetten, der 1181 und 1187 im kaiserlichen Gefolge auftrat.
Um 1214 erhielt der Reichsminister Konrad von Tanne, später auch bekannt als Konrad von Winterstetten, ein Vertrauter Kaiser Friedrich II., die Herrschaft über die Burg. Er war Erzieher König Heinrichs, Prokurator von Schwaben, Hüter der Reichskleinodien sowie Inhaber des Schenkenamtes und wurde unter anderem durch die Gründung des Klosters Baindt bekannt.
Sein Nachfolger als Burgherr und im Schenkenamt war Konrad von Schmalegg, der aber bereits 1243 starb. Einer seiner Nachkommen, Schenk Konrad, wurde 1261 vom Konstanzer Bischof belagert und musste ihm letztendlich lehenspflichtig werden.
Die Herrschaft über die Burg wechselte durch verschiedene Hände. Vor 1331 fiel sie an das Haus Habsburg. Nachdem sie von den Österreichern verpfändet wurde, fiel sie 1438 endgültig an die Truchsessen von Waldburg.
Im 15. Jahrhundert verfiel die Burg, so dass sie im Jahr 1759 abgerissen wurde.

Von der Anlage erhalten sind lediglich Reste des Bergfrieds mit einer Grundfläche von 7,5 mal 8,3 Meter und einer Mauerstärke von 1,2 Meter, Teile der Ringmauer und der Halsgraben.

Historische Daten zur Schenkenburg und zu Winterstettenstadt:

1214 gibt Friedrich II. Winterstetten an Konrad von Tanne, der spätere Erzieher Heinrichs VII. und Verwalter des Herzogtums Schwaben unter Friedrich II. war. Seine Tochter Irmengard heiratete Konrad von Schmalegg. Sohn des Konrad von Schmalegg ist Ulrich Von Winterstetten, der Minnesänger, er wird erwähnt in der Manessischen Liederhandschrift.
1331 Verkauf des Besitzes an Österreich. Mehrfache Verpfändung der Herrschaft.
1376 bestätigt Herzog Leopold von Österreich den Bürgern und der Stadt Winterstetten ihre Rechte und erweitert sie durch die Blutgerichtsbarkeit und das Marktrecht. Winterstetten wurde wahrscheinlich von den Staufern zur Stadt erhoben.
1408 hat König Ruprecht des Rat und den Bürgern daselbst die Gnade getan, dass sie ein Halsgericht, Stock und Galgen haben und Hals und Kopf richten mögen.
1442 genehmigt König Friedrich dem Heinrich von Horingen die Versetzung der Feste und Herrschaft Winterstetten an Truchseß Georg von Waldburg um 6400 Gulden.
1454 gab Herzog Sigmund die Pfandschaft dem truchsessischen ehelichen Mannesstamm. Die Burg Winterstetten geriet in Verfall. Die Rechte der Stadt wurden durch die Truchsessen geschmälert.
1692 wurde Franz Anton Rieff aus Wolfartsweiler, Gemeinde Unterschwarzach zum Bürgermeister gewählt. Ein 30jähriger Kampf und Streit um die Rechte und Freiheiten der Stadt begann. Der Ort verlor seinen Stadtcharakter.
1722 wurde der Streit von Kaiser Karl V. beendet.
1806 Bei der neuen Staatsänderung in Deutschland kam der Stadtflecken Winterstetten unter die Landeshoheit des Königreichs Württemberg und wurde gleich anderen Orten in eine Schultheißerei im Oberamt Waldsee verwandelt. Die meisten Rechte und Privilegien gingen verloren.
1938 Oberamt Waldsee wird aufgelöst.Die Gemeinde Winterstettenstadt wird Teil des Kreises Biberach.
1975 Durch die Gemeindereform im Land Baden-Württemberg wurde Winterstettenstadt in die Gemeinde Ingoldingen eingemeindet.

Konrad von Winterstetten

Konrad von Winterstetten-Waldburg (gest. wahrscheinlich1242/43) war Reichsschenk unter den staufischen Königen Heinrich VII und Konrad IV. Er stammte aus der oberschwäbischen Adelsfamilie der Waldburg-Tanne.
Konrad von Winterstetten stand also in staufischen Diensten und übte am Hof des Königs das Hofamt des Schenken aus. König war damals Heinrich VII, der im April 1220 auf Betreiben seines Vaters, König Friedrichs II. in Frankfurt am Main von den deutschen Fürsten zu ihrem Herrscher gewählt worden war. Während Friedrich nach Italien zurückkehrte, um seine Pläne hinsichtlich Kaiserkrönung und Kreuzzug zu verfolgen, vertrat der noch unmündige Heinrich , der auch Herzog von Schwaben war, in Deutschland das staufische Herrscherhaus als Mitkönig unter der Vormundschaft zweier Regenten, des Erzbischofs Engelbert I. von Köln, bzw. des Herzogs Ludwig I. von Bayern. Konrad von Winterstetten bestimme Erziehung und Politik des Königs mit, neben einigen staufertreuen Bischöfen, Geistlichen, Adeligen und Reichsministerialien wie Heinrich von Tanne, Eberhard von Waldburg, Gerhard von Sinzig, Heinrich von Neuffen oder Werner von Bonlanden.
Konrad stammte aus der oberschwäbischen Adelsfamilie der Tanne-Waldburg und nannte sich ab 1214 nach der bei Biberach gelegenen Burg Winterstetten. Das Verhältnis der Tanne zu den Staufern war eng, auf der Burg Waldburg sollen zwischen 1220 und 1225 die Reichskleinodien aufbewahrt worden sein. Konrad tritt seit 1220 im Reichs-Schenkenamt in Erscheinung, später vewaltete er zeitweise, vermutlich um oder kurz nach 1220 im königlichen Auftrag Villingen.

Konrad von Winterstetten war an hochpolitischen Entscheidungen beteiligt, wie an den deutsch-dänischen Verhandlungen im September 1223 in Nordhausen nach der Gefangennahme des Dänenkönigs Waldemar II. durch Graf Heinrich I. von Schwerin im Mai desselben Jahres. Die Verhandlungen endeten mit dem Vertrag vom 24. September, wonach Dänemark 52000 Mark in Silber Lösegeld zu zahlen und Waldemar auf die dänischen Eroberungen südlich der Eider zu verzichten hatte. Anwesend war Konrad in der Folge am königlichen Hoftag in Bardowick und Bleckede Ende September 1224, doch kam es auch dort nicht zur Auslösung des dänischen Herrschers. Im Februar 1225, nach dem HOftag in Ulm, begleitete Konrad seinen König nach Augsburg, im April war er in oder bei Villingen.
Im März 1226 reiste König Heinrich VII. in Begleitung Eberhards von Waldburg und Konrads von Frankfurt nach Hagenau, dann vom Elsass nach Oberschwaben. Auch nach der Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert des Heiligen blieb unter der Regentschaft des bayerischen Herzogs Konrad von Winterstetten damit in KÖnigsnähe. Er begleitete den KÖnig auch in dessen selbstständigen Regierungshandlungen nach dem Ende der Regentschaften und überstand politisch Heinrichs Empörung gegen den Vater und den Sturz des Königs im Frühjahr und Sommer 1235.

Längst schon war Konrad auch ein Vertrauter des Kaisers geworden. Friedrich II. und Konrad begeisterten sich für Literatur und Minnesang und Konrad hatte als Erzieher Heinrichs VII, mit das Interesse des Königs an der Dichtkunst erweckt, so dass bedeutende Minnesänger wie Gottfried von Neuffen, Rudolf von Ems, Ulrich von Türheim oder vielleicht auch der Tannhäuser am königlichen Hof in Erscheinung getreten waren. Zudem kümmerte sich der Reichsschenk nun, nach dem Sturz Heinrichs und der Königswahl des Staufers Konrad IV., im italienische Angelegenheiten.
1238 konnte er zusammen mit Gottfried und Heinrich von Hohenlohe ein Ritterheer nach Italien führen, das mit Hilfe einer Sondersteuer der Reichsstädte finanziert wurde. Um 1240 gründete der Reichsschenk ein Nonnenkloster in Baindt, auch in dem berühmten Reichssteuerverzeichnis von 1241 wird Konrad von Winterstetten genannt. Um 1242/43 ist Konrad wahrscheinlich verstorben.
Ein Enkel Konrads war dann der aus der Manesse-Handschrift bekannte Ulrich von Winterstetten.
In der Sammlung der Rüstkammer Dresden befand sich bis Ende des Zweiten Weltkriegs sein Schwert. Am 19.03.1568 schreibt Hans Jörg Graf von Mansfeld an den Kurfürsten August von Sachsen, dass er ihm beiliegend ein Schwert schenke, wie es zur Zeit der Schlacht vor dem Welfesholze gebräuchlich gewesen ist. Beidseitig auf dem Schwert des Reichsschenken Konrad von Winterstetten ist der folgende Spruch eingraviert, vermutlich von Rudolf von Ems verfasst:
Vorderseite: Chunrat vil Verder Shenke hie bi ou min Gedenke Rückseite: von Vintersteten hohgemut la ganz daheine Isenhut (Konrad viel wertvoller Schenke von Winterstetten hochgemut, hierbei du mein gedenke lass ganz keinen Eisenhut)
Das Schwert hatte eine Klingenlänge von 110 cm. Vermutlich stammte es aus Familienbesitz derer von Winterstetten, und da es ausgezeichnet erhalten war, handelte es sich wahrscheinlich nicht um einen Bodenfund. Der Verlust ist tragisch, es war ein äusserst seltenes Schwert aus romanischer Zeit.

Ulrich von Winterstetten

Ulrich von Winterstetten, auch von Schmalegg, nachweislich gelebt zwischen 1241 und 1280, war ein deutscher Geistlicher und Dichter. Ulrichs literarische Werke, die er in mittelhochdeutscher Sprache schrieb, bestanden vor allem in Tanzlyrik und Minnelyrik.
Der in der Manessischen Liederhandschrift vertretene Minnesänger Ulrich von Winterstetten ist wahrscheinlich mit dem durch Urkunden bezeugten Schenk Ulrich von Schmalegg (Uolrich von Smalnegge) identisch.
Konrad von Tanne-Winterstetten mit Stammburg in Winterstettenstadt, der Großvater Ulrichs mütterlicherseits, war ein Freund des staufischen Kaisers Friedrich II. und Erzieher des Mitkönigs Heinrichs VII. Er war Schenk im Herzogtum Schwaben und somit ein hoher staufischer Ministeriale.
Konrads Schwiegersohn, Konrad von Schmalegg, Ulrichs Vater, war ein welfischer Ministeriale mit Sitz in Schmalegg bei Ravensburg und erbte 1243 dessen Güter und das Amt des Schenken. Fortan schmückten sowohl Konrad als auch alle seine Söhne ihren Namen mit dem Titel Schenk. Die Söhne teilten sich nach baldigem Tod des Vaters den großen Besitz auf, in dem Konrad jr. den Besitz Winterstetten erhielt, Heinrich die Stammburg Schmalegg, Rudolf Alttann, Hermann Otterswang und Burkhard Ittendorf. Ulrich und sein Bruder Eberhard schlugen eine geistliche Laufbahn ein. Man kann einen Schulbesuch im Kloster Weißenau, eventuell auch in Weingarten, ein Theologiestudium in Konstanz, wo sein Onkel Heinrich Bischof war, und eine Auslandsreise nach Frankreich und Italien, etwa als Begleiter der Familie des nahestehenden Königs Konrad V. vermuten.
Ulrich wird 1241 erstmals urkundlich genannt, als sein Vater den Besitz Torkenweiler an das Kloster Weißenau verkauft. 1258 wird er als Domherr von Augsburg genannt. 1265 als rector ecclesiae in Biberach und 1269, 1276 und 1280 wieder als Domherr von Augsburg (das Domherrenamt verlangte jedoch keinen dauernden Aufenthalt in Augsburg, so dass nicht unbedingt auf einen Lebensmittelpunkt dort geschlossen werden kann). 1269 bezeugte er das einzige Mal unter dem Namen Ulrich von Winterstetten, Domherr von Augsburg eine Urkunde des ebefalls als Minnesänger bekannten Walther von Klingen. Ulrich ist in insgesamt 15 Urkunden als Betroffener oder als Zeuge genannt, zuletzt in einer von ihm selbst ausgestellten Urkunde vom 20. September 1280, in der er einen Besitz bei Wolpertsheim an das von seinem Großvater gestiftete Kloster Baindt übergibt und dafür mit einem Besitz bei Diepoldshofen entschädigt wird.
Ulrichs Werke sind ausschliesslich in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) überliefert, die fünf Tanzlieder mit je über 140 Strophen sowie etwa dreißig höfische Minnelieder und fünf Tageslieder mit je 3 bis 5 Strophen enthält. Damit ist Ulrichs Werk unter den in der Handschrift vertretenen Dichtern nach dem Walthers von der Vogelweide das umfangreichste.
Konrad Burdach schließt 1890 aus Art und Umfang der Tanzlieder auf einen besonders erfolgreichen Vortrag, der auch durch eine gefällige Musik begünstigt wurde, und vergleicht Ulrich daher gar mit dem Wiener Walzerkönig Johann Strauß.
Ulrichs Werke sind trotz volkstümlicher Refrains und teilweise burlesker Inhalte in Aufbau und Gedankenwelt der höfischen Lyrik zuzuordnen.
Der Codex Manesse enthält ein Idealportrait Ulrichs, das ihn zeigt, wie er einem Boten eine Schriftrolle übergibt. Das in der Miniatur dargestellte Wappenschild zeigt den "Doppelhaken", das Wappen der Ministerialenfamilie von Schmalegg, das heute als Wappen der Ortschaft Schmalegg in Gebrauch ist.
In seiner schwäbischen Heimat wird Ulrichs seit der Wiederentdeckung Ende des 19. Jahrhunderts gedacht, zunächst durch die regionale Literaturgeschichte und durch Lokalhistoriker.
Die Erzählung "Die feindlichen Brüder von Winterstetten" der oberschwäbischen Autorin Maria Müller-Gögler von 1948 schildert einen Streit zwischen Ulrich und seinem Bruder Konrad. Ein der Miniatur im Codex Manesse nachempfundenes Wandgemälde befindet sich seit 1978 am Rathaus in Winterstettenstadt, seit 1988 ziert eine Skulptur, die ihn als Minnesänger mit einer Laute zeigt, den Dorfbrunnen von Schmalegg. Am Ravensburger Rutenfest erinnert eine Festzugsgruppe an Ulrich.

Ausführlichere Biografie des Ulrich, Schenk von Winterstetten, einem der fruchtbarsten und vielseitigsten Minnesänger:
Er stammt aus dem weitverzweigten oberschwäbischen Ministerialengeschlecht von Tanne-Winterstetten. Am bedeutsamsten in der Geschichte hervor tritt Konrad von Winterstetten, der sich auch Konrad von Tanne nannte, Schenk des Herzogtums Schwaben, der Vertraute Kaisers Friedrich II., während dessen Abwesenheit neben seinem Oheim dem Truchsessen Eberhard von Tanne-Waldburg und später auch allein Statthalter von Schwaben und Verwalter der königlichen Geschäfte, Erzieher und Berater des jungen Königs Heinrich VII., ein politisch vielfach tätiger Mann, gleichzeitig ein Gönner der deutschen Dichtung.
Die Burg Winterstetten, deren Trümmer über der Südseite des heutigen Fleckens, der einstigen befestigten Stadt Winterstettenstadt an der Riß, noch erhalten sind, hatte ihm Friedrich II. für seine treuen Dienste verliehen, und später scheint sein schwäbisches zum Reichsschenkenamt erhoben zu sein. Seine einzige Tochter Irmengard war mit dem Reichsministerialen Konrad von Schmalneck vermählt, dessen Stammburg über dem heutigen Pfarrdorf Schmaleck lag. Auch er war ein einflussreicher Mann, öfter im Gefolge Heinrichs VII. und Mitglied von Konrad`s IV. geheimen Rate. Nachdem sein Schwiegervater hochbetagt im Februar 1243 das Zeitliche gesegnet hatte, war er Erbe der Schenkenwürde wie seiner Güter, nannte sich fortan Schenk von Winterstetten, starb aber bald danach.
Er hatte sieben Söhne: Heinrich, Konrad, Eberhard, Ulrich, Rudolf, Hermann, Burkhart, und vier Töchter: Mathilde, Guta, Elisabeth, Engelburg. In seinem vierten Sohn namens Ulrich, dem Enkel des Konrad von Tanne-Winterstetten, muss man den Minnesänger erkennen. Er erscheint zuerst zusammen mit seinen Eltern, seinen älteren drei Brüdern und seinen Schwestern 1241 in einer Urkunde über den gemeinschaftlichen Verkauf eines Gutes an das Kloster Weißenau, den der Großvater Konrad von Winterstetten vermittelt hat. Und er muss damals eben erwachsen gewesen sein: wenigstens wurde von seiner Schwester Guta, der Braut Siegfrieds von Mindelberg, die während des Verkaufs sich im Kloster Rottenbuch aufhielt, um dort Gesangsunterricht zu nehmen, am 29. April 1241 eine ausdrückliche Mitvollziehung des Verkaufs durch eine besondere Deputation eingeholt. 1257 bezeugt er eine Urkunde als Ulrich Schenk von Schmalneck.
Dann ist er Kanonikus in Augsburg geworden, offenbar jedoch ohne dort residenz zu halten, wovon damals ja schon allgemein abgesehen zu werden pflegte.
Als solchen finden wir ihn, immer zusammen mit seinem Bruder Eberhard, der Kanonikus in Constanz war, 1258 als Mitaussteller zweier in Weissenau und Winterstetten vollzogenen Urkunden, 1264 ebenda. Am 13. und 14. März 1265 stimmt er mit seinem Bruder Eberhard einem Verkauf seines Bruders Heinrich zu. Am 20. Mai 1269 treffen wir ihn zu Constanz als Zeugen einer deutschen Urkunde des Minnesängers Walther von Klingen. IN den bischöflichen Urkunden Augsburgs vermag ich ihn nicht nachzuweisen, während seine Brüder Eberhard, Heinrich, Konrad, Hermann mehrmals darin vorkommen. Zuletzt finde ich ihn unter den Zeugen einer bisher nicht beachteten Constanzer Urkunde seiner Brüder Heinrich, Konrad und Hermann vom 21. August 1280.
Früher hielt man für den Dichter einen anderen Ulrich von Winterstetten, der ein einziges Mal 1239 in einer Urkunde zu Leutkirch ausgestellt, nach vielen anderen Ministerialen als Zeuge erscheint für die Vermittlung des Schenken Konrads von Tanne-Winterstetten zwischen den Äbten von Kempten und Ißny. Die beiden, dieser Ulrich und Konrad, sollten dann Brüder sein. Es hatte etwas Verführerisches, die Elegie unseres Minnesängers über den Tod eines geliebten Bruders auf den gefeierten Hofschenken und Dichterfreund, den Berater der Staufer zu beziehen. Indes, wenn auch darauf kein Gewicht zu legen ist, daß der Ulrich von 1239 nicht den Titel Schenk führt, während ihn sich der Dichter in seinen Liedern doch wiederholt selbst beilegt, da dieses Prädikat auch sonst in Urkunden den Mitgliedern der Familie manchmal vorenthalten wird, so spricht doch die Stellung desselben in jener Urkunde gegen so vornehme Abkunft, und die Bezeichnung der brüderlichen Verwandtschaft wäre schwerlich unterlassen.
Den Ulrich von Winterstetten aus dem Jahre 1239 als den Schenken Ulrich von Schmalneck-Winterstetten zu idendifizieren geht darum nicht, weil auf die Schmalnecker erst nach dem Tode Konrads von Tanne-Winterstetten (12436) Besitz und Name von Winterstetten übertragen wurde. Überdies gibt die große Heidelberger Liederhandschrift als Wappen des Dichters nicht das Winterstettensche, sondern das Schmalnecksche. Und endlich empfehlen literarhistorische Gründe, den Minnesänger nicht in die Generation KOnrads von Tanne-Winterstetten hinaufzurücken.
Gewiss herrschte zu dessen Zeit auf den Burgen Tanne und Winterstetten ein poetisch angeregtes Leben. Das entsprach ja nur alter Familientradition: waren doch die Herren von Tanne, bevor sie staufische Dienstmannen wurden, welfische und zwar Ministerialen Welfs des VI. gewesen, des "milden" Welfs, wie ihn die Fahrenden zum Dank für die ihnen bewiesene Freigibigkeit nannten, hatte doch Konrads Oheim Truchseß Eberhard von Tanne-Waldburg, der ihm nahe stand wie ein Vater, 1179 zu Weihnachten in Bergareute ein Fest Welfs mitgefeiert, an dem auch Friedrich, der Sohn Barbarossas teilnahm, eins jener Feste, bei denen Scharen von Spielleuten zusammenzuströmen pflegten und deren Üppigkeit noch im 13. Jahrhundert von Dichtern wie Walther von der Vogelweide, Tannhäuser, mit einer Art wehmütigem Neid bewundert wurde.

Aber der literarische Geschmack, dem Konrad von Winterstetten anhing, war offenbar durch die großen Meister der höfischen Kunst aus der besten Zeit gebildet und bestimmt: er veranlasste Ulrich von Turheim zur Fortführung von Gottfrieds Tristan, für ihn schrieb Rudolf von Ems bald nach 1231 seinen Wilhelm von Orlens, er selbst huldigte eifrig der Sitte des höfischen Minnedienstes, wie wir von den beiden Dichtern erfahren, und sein Mäzenatentum entsprang dem Wunsch, der angebeteten Dame zu gefallen. Die Inschrift seines Ritterschwertes, die vielleicht von Rudolf von Ems verfasst ist, bezeichnet deutlich die Richtung seines poetischen Interesses: die Welt der Artusromane, des Frauenkultus, d. h. die rein höfische Lebensanschauung. Demgemäß müssen wir uns den Minnesang denken, der damals in jenen Kreisen gepflegt wurde, die Lieder etwa Konrads von Brauneck, in dessen Bruder Gottfried von Hohenlohe, der mit Konrad von Winterstetten eng befreundet und neben ihm Mitglied der Regentschaft für Konrad IV. war, ich trotz gegen lautgewordenen Widerspruch ohne Bedenken den von Rudolf von Ems belobten Dichter eines Artusromans sehe.
Mit Gottfried von Hohenlohe war verknüpft die Gleichheit der politischen, persönlichen und literarischen Besterbungen und das Haus Konrads von Winterstetten wie seines Schwiegersohns Konrads von Schmalneck, er 1243 Gottfrieds Vasall wurde.
Ein anderer Geist dagegen lebte in der jüngeren Generation, in den Enkeln des alten Schenken Konrad, in den Altersgenossen Gottfrieds von Neifen und seines Kreises. Auch Familienfeindschaft mochte in diesen Gegensatz hineinspielen: wir wissen, daß die Hohenlohe und die Neifen ein alter Hass entzweite. In diesem jüngeren Kreise jedenfalls erklangen Töne der Parodie und Satire, des realistisch gestimmten Gegengesangs, hier stand man den früheren Idealen der höfischen Bildung nicht mehr gläubig, sondern spottend gegenüber.
Von König Heinrich VII. scheint in Schwaben diese Wendung des Minnesangs ausgegangen zu sein, und gleichzeitig begünstigte in Österreich sein Schwager Friedrich der Streitbare eine ähnliche Bewegung.
Ulrich von Winterstetten ist ein etwas jüngerer, vielseitigerer Schüler von Neifens. Er mag um 1240 angefangen haben zu dichten, aber auch als Domherr entsagte er seiner Kunst nicht, denn der Nachruf an seinen Bruder, sein edelstes Gedicht, muss nach 1258 fallen, weil damals noch alle seine Brüder am Leben waren. Ich möchte ihn auf den Tod Eberhards beziehen, der Ulrich im Alter und Lebenführung wohl am nächsten stand, und den ich nach dem 3. Oktober 1266 nicht mehr nachweisen kann. Sein Bruder Rudolf war 1283 tot. Die übrigen Brüder lebten erheblich länger.
Die Enkel Konrads von Tanne-Winterstetten müssen ein lustiges, lockeres Leben geführt haben. Der St. Gallner Chronist Kuchimeister berichtet, dass der weltlich gesinnte Abt Berchthold von Falkenstein , der selbst Tagelieder dichtete, ihr Freund war und ihnen zulieb bei einer Fehde des Bischofs Eberhard von Constanz gegen sie, auf der er diesem, seienem alten Feinde, widerwillig Heeresfolge leisten musste, einen spaßhaften Streich verübt habe, indem er den in Winterstetten belagerten Schenken, die er als Freunde guter Mahlzeiten kannte, den ganzen Proviant mit allen Leckerbissen in die Hände spielte.
Der selbe Kuchimeister weiss aber auch von der späteren gänzlichen Verarmung der Schenken, insbesondere Konrads zu melden, und die Urkunden bestätigen dies, indem sie beredt genug ovn immer erneuten Verkäufen zur Tilgung von schulden, von immer wiederholten Bußen zur Sühne für vergangene Friedensbrüche und Gewalttätigkeiten erzählen. Vollends der Annalist des Klosters Marchtal an der Donau nennt Ulrichs Bruder Konrad von Winterstetten einen schamlosen Räuber und Plünderer, wobei er etwa die Jahre 1266-72 im Auge hatte. Ulrich von Winterstetten dürfte diese wilde Zeit vielleicht selbst als Beteiligter den Streich des St.Gallischen Kollegen im geistlichen Amt und in der Poeterei erlebt haben. Indes, seine Dichtung, trägt sie gleich die Ausgelassenheit zur Schau, wie sie nach dem Fall der Staufer in den Kreisen der emporstrebenden üppigen Ministerialen herrschte, hat doch nichts Zuchtloses.
Ulrichs Werk, von dem es zweifelhaft bleibt, in welchem Umfange sie bis in die Biberacher Pfarrherrenzeit hineinreicht, gliedert sich in drei Gruppen. Genaue philologische Untersuchungen könnten diese wohl nach der Zeit und nach Schichten des Publikums, für die sie bestimmt waren, schärfer ordnen. Einmal pflegt er das höfische Minnelied, nach dem Muster Neifens, aber ganz ohne ironische Züge, meistens mit obligatem Natureingang (Sommerlieder-Winterlieder), teilweise auch ohne Beziehung auf die Jahreszeit. Dieser Gruppe gehören im Ganzen 31 Lieder, das heisst, die größte Menge, an.
Obwohl ihre Anlage und Kompostion konventionell nach dem längst ausgebildeten Schema gemacht ist, fehlt es im Einzelnen nicht an hübschen, neuen Zügen. Von der Sonne, die durch die Blätter leuchtet, sagt er, sie flechte zum Schmuck Maienglanz hinein in den grünen Schild von Laub, der den Vögeln den schützenden Schatten gibt. Das erinnert an Wolframs Manier. Und dieser, dem Ulrich neben Walther auch sonst Manches verdankt, steht als Muster auch hinter der zweiten Gruppe seiner Gedichte:
seinen fünf Tageliedern, die ganz gegen seine sonstige Weise eine gedrungene, wortkarge Darstellung und das Fehlen von Refrain und Reimkünsten auszeichnet. Am meisten charakteristisch muss die dritte Gruppe genannt werden, die teils an Neidhart und die höfische Dorfpoesie anknüpft, teils an die Balladen Neifens und Burkharts von Hohenfels, teils an die Tanzleiche Tannhäusers.
Eigen ist ihr der versteckte oder offene Spott, die stille oder laute Opposition gegen die höfische Sitte, Rede und Poesie. Auf Neidhart geht zurück das vierte Lied, welches einen Dialog zwischen der tanzlustigen, verliebten Tochter und der warnenden, zankenden Alten darstellt. Wie Neidhart nennt sich der Dichter selbst mit Namen als den, welcher der Tochter den Kopf durch seinen Gesang verdreht hat, wie bei Neidhart schilt die Mutter auf seine Verführungskünste: wir erfahren, dass seine Lieder auf der Gasse Tag und Nacht gesungen wurden, daß er oder sein Bruder das Jahr vorher das Mädchen des Nachts vom Bette der Mutter hat entführen wollen; wie bei Neidhart lässt die Tochter sich nicht halten. Aber abweichend ist und an eine verbreitete Klasse von späteren Volksliedern erinnert, dass der Dichter das Zwiegespräch als aus einem Versteck belauscht erzählt und im Refrain mit einer Verwünschung gegen die Mutter begleitet; abweichend auch und von Burkhart von Hohenfels entlehnt die Verlegegung des Tanzes in die Erntezeit.
Aus Neifens Schule sind hervorgegangen die anderen drei Balladen: die eine gibt den Monolog eines Mädchens wieder, das über die unminnigliche Gesinnung und die Rohheit der Männer mit wenig höfischen Worten jammert; die beiden anderen schildern ein Rencontre zwischen dem Dichter und einer Dame, die ihn derb, ja in unanständiger Weise abblitzen lässt. Man muss diese Gattung, auf die wohl auch romanische Vorbilder eingewirkt haben, als Parodien der höfischen Wechsel ansehen, die Walther mit so unnachahmlicher Grazie behandelt hatte, wenngleich in seinem Gedichte "Genade frowe! tuo also bescheidentliche" auch der Keim zu dieser saitirischen Verzerrung verborgen ist.
Die fünf Tanzleiche bestehen aus zwei metrisch und inhaltlich getrennten Teilen: den ersten füllt eine Liebesklage, der dreimal ein längerer Natureingang vorausgeht, als zweiter folgt das Tanzbild. Der Dichter stellt hier aber nicht wie Neidhart eine ausgeführte Szene oder Handlung vor uns hin, er malt nicht die Tölpeleien der Bauern; er gibt auch nicht wie Tannhäuser eine Erzählung eines Liebesabenteuers oder wie dieser und Rudolf von Rotenburg eine Häufung literarischer, geografischer, mythologischer Weisheit. Zum Schluss stösst uns er sozusagen mitten in den dichten Wirbel und das Gedränge der Tanzenden hinein. Er ruft immer dringender anfeuernd in die Menge; er weist, als es Winter ist, von der Straße in die Stube; er zählt die reigenden Mädchen mit Namen auf, er mustert mit flüchtigem Blicken ihre Tracht; er schickt die Widerspenstigen vor die Tür; er stachelt die Ermüdeten zu neuen Sprüngen. Immer toller wird das Treiben, immer enger schlingen sich die Kreise, immer mehr verwirrt sich der Knäuel, immer rascher jagen die kurzen, übereinanderstürzenden Verszeilen, immer dichter drängt sich Reim an Reim, der oft Silbe hinter Silbe bindet. Wir hören die schnellen Atemzüge der erschöpften Mädchen, abgerissene Rufe nach dem Schluss des Tanzes und Widerspruch. Alles glüht zum Platzen, da plötzlich bricht der Sänger mit einem jähen Heia-hei! ab, die Saite zerreisst, das Lied ist zu Ende.
Ulrich von Winterstetten besitzt ein überwiegend formales Talent: Jedem Lied gibt er eine besondere Strophenform; er handhabt Refrain, Responsion, Wortspiel und die feinsten Reimkünste virtuos. Freilich macht er dem Dialekt manches Zugeständnis, die in der guten Zeit unstatthaft gewesen wäre, und wendet auch viel typische Reime und Gedanken und allerlei stilistische Behelfe an.
Aber man darf nicht vergessen: er war und wollte vor allem ein Dichter der Gesellschaft sein und für deren Amüsement sorgen, einer Gesellschaft, die im höchsten Mass genusssüchtig, aber auch eminent genussfähig war und in einer Zeit grauenhafter Verwirrung das arme Leben in jedem sicheren Augenblick bis zur Neige auskosten wollte.
Dieser Gesellschaft bequemte es sich an und stimmte danach seinen Sang, der in Folge dessen höfische und unhöfische Töne enthält, je nachdem die Kreise der Hörer es erwarteten. So errang er seinen großen Erfolg, der nicht am wenigsten auch durch die musikalische Komposition seiner Leiche und Lieder bedingt war und sich etwa dem vergleichen lässt, den in unseren Tagen der Wiener Walzerkönig Strauß erntete. Auch wir, denen die Melodien fehlen, empfinden den prickelnden Rythmus und die stürmische Lebendigkeit dieser Gesänge und Tänze. Sollten sie ein Motto tragen, es müsste jenes jauchzende Hei hei! sein, der Lieblingsruf des Dichters, zugleich ein Wahrzeichen ungebundener, aber auch unbändiger Daseinsfreude und Weltlust, wie sie damals auch die geistlichen Kreise Süddeutschlands erfüllte.

Die Burg ist in folgender Tour zu finden:

Zum Lindenweiher 1

Über die Burg ist ein interessantes Buch erschienen:

Die Burg Winterstetten




















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